Montag, 25. Juli 2016

Missverständnis

Das Schweizer Deutsch ist durchaus eine Herausforderung. Zunächst einmal ist es zwar im Grunde ein Dialekt wie viele andere auch, mit dem ein Berliner sowieso dank mangelnder Übungsmöglichkeiten im nahen Umfeld so seine Probleme hat. Ich kannte ihn bisher nur aus dem TV von Emil, wobei der sich meist Mühe gab und sehr langsam sprach. Sehen wir mal davon ab, dass auch in jedem Tal noch ein etwas anders klingender (für Schweizer: tönender) Dialekt zu hören ist, bemerkt man, wenn man sich nach monatelangem Training eingehört hat, dass verschiedene Begriffe durch andere ersetzt oder zumindest verändert werden. Die Klassiker "Grillieren" und "Parkieren" kennen sicher viele. Das Velo ersetzt unser Fahrrad und die Brockenstube hat nichts mit einem Restaurant im Harz zu tun.

Wirklich verwirrt war ich allerdings, als mein Schatz eines Tages den Vorplatz am Haus wischen wollte! Wie jetzt, den ganzen asphaltierten Platz, so richtig mit Lappen und Wasser? Lohnt sich das denn dort? Sie verstand meine Frage nicht, aber der Platz hätte es wirklich nötig. Nun gut, wenn Du meinst ... Als sie dann mit einem Besen zurück kam, dämmerte es noch immer nicht. Ich nahm an, erst fegen, dann wischen. Aber nach dem Fegen war schon Schluss - denn das deutsche Fegen ist für Schweizer das Wischen! Irgendwie scheint da beim Übersetzen in grauer Vorzeit ein Fehler passiert zu sein und die Begriffe wurden verwechselt. Warum allerdings der Scheibenwischer dann nicht konsequent Scheibenfeger heißt, konnte ich noch nicht herausfinden.

Die Tatsache, dass Schweizer Mundart kein Präteritum kennt, sondern stets das Perfekt für die Vergangenheit nutzt, sei nur am Rande erwähnt. :-)

Doch ich liebe diese "niedliche" Sprache. Wo sonst wird fast jeder Begriff verkleinert und wirkt gleich noch viel liebenswerter. Allerdings sollte man nicht versuchen, den Dialekt selbst sprechen zu wollen, das wird unter Umständen als Veralberung aufgefasst und übel genommen. Und es klingt auch nicht gut, dafür fehlt irgend ein "Organ" im Rachen! :-) Wenn ich es daheim bei Rosalie mal zum Spaß versuche, klingt das angeblich immer holländisch ...

4 Kommentare:

  1. Holländisch ist keine Sprache, das ist eine Halskrankheit.
    Jahrelang habe ich geübt (1995-2007) und trotzdem hat mir der Knödel gefehlt um alles richtig zu sagen.
    Aber die Holländer sind ja diesbezüglich grandios tolerant.
    ;-)))

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    1. :-)) Das Raffinierte ist dieser nach jedem K nachgeschobene Rachenlaut. Wenn diese Fähigkeit nicht in den Genen vererbt und von Geburt an geübt wird, hat man wohl keine Chance, das jemals "richtig" zu sprechen.
      Ich beschränke mich also aufs Grillieren und Parkieren, da kann man nicht viel falsch machen. Den eigentlichen Dialekt überlasse ich den Eidgenossen.

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  2. Der Emil hat ja damals sein Programm in Deutschland in "Hochdeutsch" abgehalten. Das ist ja der ewige Irrtum den wir Schweizer mit den Deutschen haben: wir Schweizer geben uns Mühe Hochdeutsch zu reden und die Deutschen denken, wir reden unseren Dialekt. Welcher ja dann nochmals eine Stufe schwieriger zu verstehen ist.

    Und dieses "jö süss die Sprache" wegen den vielen Verkleinerungsformeln, die wir im Alltag gebrauchen mag auch nicht jeder Schweizer gerne hören.
    Ich wünsche dir ein gutes Einleben sowohl ins Land als auch in den Job.

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    1. Ja, der Schweizer möchte ernst genommen werden, und das völlig zu Recht! Ich gebe zu, ich erliege auch hin und wieder diesem "niedlich"-Charme. ;-) Und ich möchte dann gleich die Chance nutzen, Euer Selbstbewusstein zu stärken: Euer Hochdeutsch ist durchaus nicht minderwertig, wie ich es immer mal wieder von Schweizern höre. Wenn das so wäre, müsste man das von so ziemlich allen deutschsprechenden Regionen sagen, und wer überhaupt definiert, was "richtiges" Hochdeutsch ist? Also traut Euch ruhig! :-)

      Vielen Dank für die guten Wünsche!

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