Freitag, 25. August 2017

Mit 66 Jahren

Gestern schrieb mir mein Papa, dass er schon seinen Sommerurlaub für nächstes Jahr gebucht habe: zwei Wochen Hotel an der Ostsee. Frei nach dem Motto: "Nach dem Urlaub ist vor dem Urlaub" brauchte es offenbar ein neues Ziel, auf das man sich freuen kann, selbst wenn es zehn Monate entfernt ist.

Als er mir das so mitteilte, fragte ich mich, wie wohl mein Leben sein wird, wenn ich nicht mehr arbeiten muss. Womit wird der Tag dann ausgefüllt sein? Ist man fit genug, um Haus und Garten noch geniessen zu können? Besteht das Leben dann nur noch aus Arztbesuchen, Medikamenten zu sechs verschiedenen Zeiten am Tag und dem Warten auf die nächste Reise in ein paar Monaten? Und wie stark kann man das selbst beeinflussen?

Mein Papa wohnt seit 49 Jahren in einer winzigen 2,5-Zimmer-Wohnung auf 56 m², ohne Balkon. Das Leben spielt sich also in sehr engen Bahnen ab, aus dem Weg kann man sich da nicht gehen. Seit Jahren läuft er sehr schlecht, sodass Spaziergänge oder Ausflüge mit Fussmärschen nicht in Frage kommen. Noch schlimmer wird es werden, wenn er eines Tages nicht mehr Auto fahren kann. An diesen Moment mag ich gar nicht denken, wobei zu fürchten ist, dass er diesen Moment verpasst und viel zu spät aufhört zu fahren ...

Und so verbringen die Beiden, wenn keine Arzttermine anstehen, den Tag daheim im kleinen Wohnzimmer auf der Couch, während der Fernseher ohne Pause läuft. Immerhin: Sie haben beide ein Smartphone und ein Notebook, sodass sie sich auch mit etwas mehr als Schlagersendungen und Gerichtsshows beschäftigen.

Zum Glück ging es meinem Vater in den ersten Jahren der Rente noch etwas besser, sodass er noch ein wenig von der Welt sehen konnte. Jetzt ist er 77, und man merkt ihm das Alter inzwischen auch körperlich an. Seine letzte Kreuzfahrt in diesem Jahr hat er noch einmal genossen, aber auch zugegeben, dass ihm das alles zu viel und zu anstrengend wird und er so eine grosse Reise nicht mehr machen wolle.

Wenn man dies alles miterlebt, nimmt man sich vor, es später anders, besser zu machen. Ob das was wird? Natürlich spielt die Gesundheit eine grosse Rolle, und auf die hat man nur sehr begrenzten Einfluss. Aber geistig fit zu bleiben sollte man sich in jedem Fall vornehmen - interessiert bleiben am Leben, an der Welt, an Veränderungen. Ideen und Träume haben Rosalie und ich für die "Zeit danach" jede Menge. Ich bin gespannt, was davon Wirklichkeit werden wird.

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