Montag, 11. Februar 2019

Heile Welt

Wir sind derzeit dabei, unsere Urlaubspläne abzuklopfen. Ausserdem drängelt der Ex und möchte wissen, ob Rosalie seinem Vorschlag zustimmt: Kinder im Frühling bei uns und im Herbst bei ihm. Nun hatten wir ja eigentlich geplant, im Oktober mit beiden Kindern vielleicht, eventuell, nach Florida ...

Während die Tochter sofort Zustimmung signalisierte, war der Sohn unentschlossen. Da wir nun eine Entscheidung brauchten, haben wir gestern mit Beiden gesprochen. Die Tochter war weiterhin Feuer und Flamme, aber Sohnemann hat keine Lust auf Familienurlaub. Das eigentlich Interessante dabei war aber die Begründung ...

Seit Rosalies Ex eine neue Freundin hat, haben wir immer das Gefühl, sie sei ein Statussymbol für ihn und er stellt sie überall auffällig zur Schau. Als das Verhältnis zu Rosalie noch besser war, sind wir mal an einem Fest bei ihm gewesen. Damals kannten sich die Beiden rund ein halbes Jahr. Was uns sehr irritierte, waren die Fotos, die während der Party in Dauerschleife auf dem TV zu sehen waren: Vorwiegend (Zungen-)Kuss-Selfies der Beiden. Wie bei Teenagern! Und auch das Verhalten des Pärchens wirkte wie ein überzeichnetes Zur-Schau-Stellen des neuen Lebens und der Glückseligkeit. Rosalie fiel ausserdem auf, dass der Ex in Gegenwart seiner Neuen eine Rolle zu spielen schien und gar nicht er selbst war und ständig auf dem Sprung, ihr alles recht zu machen.

Nun sind das natürlich sehr subjektive Beobachtungen aus einer ganz speziellen Sichtweise. Aber genau diese Feststellungen bestätigte uns gestern ganz ungefragt Rosalies Sohn. Man war ja im vorletzten Jahr gemeinsam auf Hawaii: der Ex mit seinen beiden Kindern, die neue Freundin mit ihrer Tochter (alles grosszügigerweise vom Ex bezahlt ...). Und es war offenbar alles sooo (gespielt) harmonisch, das so tolle neue Leben wurde in jeder Sekunde betont, die neue Super-Familie gepriesen, es gab eine WA-Gruppe "Family-Team", dazu die Hektik von sieben Flügen in drei Wochen, Jetlag, täglich jede Menge Aktivitäten ... Das war dem Sohnemann offenbar zu viel.

Er mag darum keinen Familienurlaub mehr, hat aber betont, dass das nichts mit uns zu tun habe, sondern er einfach für sich sein möchte. Das müssen wir natürlich akzeptieren, stellt uns aber vor Probleme. Wir hatten angedacht, in unseren Lieblingshotel zwei Zimmer zu buchen, eines für die Kinder und eines für uns. Wenn nur die Tochter mitkommt, ist das blöd, und ein Zimmer zu dritt wäre auch keine Lösung, denn der Urlaub ist der Moment, in dem wir auch mal wirklich Zeit für uns haben (wollen) ...

Davon abgesehen ist völlig offen, wie viel Geld die Scheidung noch verschlingen wird. Es mag daher ratsam sein, kleine Brötchen zu backen und die schönen Pläne auf ein anderes Jahr zu verschieben. Das wäre zwar bitter, aber rational vielleicht eine sinnvolle Entscheidung.


Freitag, 8. Februar 2019

Katzen-Sorgen

So schön, wie es ist, Haustiere zu haben, aber wenn sie krank werden, dann leidet man genauso wie bei einem Familienmitglied. Das war für mich in der Vergangenheit auch mit ein Grund, lieber keine Tiere daheim zu haben.

Das sehe ich heute anders, aber trotzdem werden unsere "Miezen" natürlich auch mal krank. Der Wildfang, der seit ein paar Monaten fast täglich bei uns vorbeikommt und inzwischen auch gern mal ein paar Stunden im Haus schläft, war am Montag das letzte Mal da. Rosalie bemerkte heftige Verletzungen am Kopf und am Hals, vermutlich von einem Kampf. Das Tier schlief rund vier Stunden auf der Bank, dann ging es wieder. Seitdem haben wir die Katze nun nicht mehr gesehen, und es ist gut möglich, dass sie nicht mehr lebt. Gesund sah das Kätzchen schon lange nicht mehr aus, und vielleicht ist es nun erlöst von seinem traurigen Leben. Womöglich werden wir es nie erfahren.

Und auch Henrys Freundin macht uns Sorgen. Es begann vor zwei Tagen, als ich sah, dass sie sich bei uns im Schlafzimmer hinhockte. Dort lag noch eine Hose von mir, und nachdem die Katze wieder weg war, fand ich eine kleine feuchte Stelle auf dem Stoff. Sie nutzt nun auch das Katzenklo im Erdgeschoss, das eigentlich gar keine Funktion mehr hatte, ziemlich oft, scheinbar auch für kleine Mengen Urin. Es scheint daher, als ob sie Probleme mit den Nieren oder der Blase hat.

Wenn das nicht besser wird, müssen wir unsere Bemühungen, den oder die Halter ausfindig zu machen, wohl doch verstärken, damit der Katzendame geholfen werden kann. Im schlimmsten Fall bringen wir sie halt selbst zum Tierarzt.

Kaum ist beim Ex mal eine Woche Ruhe, melden sich neue Sorgen. Das Leben gibt irgendwie keine Ruhe.

Donnerstag, 7. Februar 2019

Wunder der Technik

Ich muss schon sagen, dass ich bei genauerer Überlegung selbst als IT-Mensch doch immer wieder mal fasziniert bin, was Technik heutzutage so kann. Gerade bei uns daheim auf dem Land - und verglichen mit Deutschland! Vor unserem Haus wurde ein dünnes Drähtchen in 5m Höhe quer über die Strasse zum nächsten Mast gespannt, und mit diesem schwarzen Kabel bin ich nun in der Lage, mir Live-Bilder von Key West anzschauen, binnen Millisekunden Millionen von Musikstücken abzurufen, meinen Papa nicht nur zu hören, sondern auch zu sehen und Briefe in nullkommanichts in die ganze Welt zu senden. Ist das nicht eigentlich unvorstellbar?

Begeistert bin ich dabei tatsächlich vom Ausbaustandard hier in der Schweiz. Wenn ich meinen Papa sehe oder auch eine ehemalige Kollegin, die beide mitten in der Stadt wohnen und froh sind, knapp 6000 MBit/s durch die Leitung zu bekommen, und das dann mit uns vergleiche, am Dorfrand, das Drähtchen über der Strasse, und dann rassige 110000 MBit/s ...

Wer erinnert sich noch an alte Zeiten mit analogem Modem und so: Habe ich früher zum Herunterladen eines Liedes fast eine halbe Stunde warten müssen, landet heute ein ganzes Album in einer Minute auf meiner Festplatte. Am besten hat man vorher noch in der Familie gefragt, ob jemand einen Anruf erwartet, damit der Download nicht vielleicht durch ein Anrufsignal unterbrochen wurde.Und soeben hat mein Handy (!) satte 1,8 GB für das neue Android Pie mal eben aus dem Netz gesaugt. Irre.

Man nimmt es heute schon als selbstverständlich hin, dabei ist diese Technik noch gar nicht so alt. Verzichten möchte ich aber nicht mehr darauf. Irgendwie ist es auch cool, meinen smarten elektronischen Zuhörer mal eben zu bitten, Mamma Mia von ABBA zu spielen, und eine Sekunde später läuft der Song auf einem Lautsprecher meiner Wahl.

Die Kehrseite der Medaille sei natürlich auch nicht ganz vergessen: Wenn ich heute sehe, dass Rosalies Kinder keine Sekunde ohne ein Internet-Gerät sein können, mit Handy oder gar Notebook vor der Nase sogar aufs Klo gehen, dann frage ich mich, ob wir "Alten" uns daran gewöhnen müssen, weil es normal geworden ist, oder ob man einschreiten müsste. Obwohl ich nun wirklich kein Handy-Junkie bin, erzählt mir mein Smartphone, dass selbst ich täglich schon zwischen ein und zwei Stunden aktiv mit dem Gerät verbringe. Bei den Kindern ist es vermutlich drei oder vier Mal so viel Zeit, wenn man das Notebook noch dazu rechnet.

Es gibt eine schöne Karikatur zu dem Thema: Früher musste man die Kids an den Haaren ins Haus zerren, heute muss man die Kids an den Haaren ins Freie ziehen. Muss man sich darüber Gedanken machen oder ist das der Lauf der Dinge?

Mittwoch, 6. Februar 2019

Selbstreflexion

Es gibt Menschen, die machen sich wenig Gedanken über ihr Dasein, die Vergangenheit oder die Zukunft und leben einfach in den Tag hinein. Und dann gibt es Menschen voller Selbstzweifel mit ständiger Sorge um sich und Andere.

Ich gehöre weder zur einen noch zur anderen Gruppe. Vor etwa zehn Jahren traf ich mal eine Frau, die mir schon nach kurzem Gespräch sagte, ich sei ja ein sehr reflektierter Mensch. Dieser Satz hat mich sehr überrascht und zunächst nachdenklich gemacht, weil es mir bis zu diesem Zeitpunkt gar nicht bewusst war.

Aber sie hatte Recht. Nach diesem Tag habe ich mehr darauf geachtet und festgestellt, dass ich sowohl unmittelbar in einer Situation als auch danach wie aus einer Metaebene heraus prüfe, wie ich mich fühle oder gerade gefühlt habe und warum das so ist. Dabei kommt man zu spannenden Erkenntnissen über sich und seine Umwelt, und die helfen einem, bei nächster Gelegenheit, die Auswirkungen des eigenen Handelns besser voraussehen und ggf. anpassen zu können.

Vermutlich deshalb komme ich mit meiner Umwelt in der Regel so gut aus, werde oft als jemand beschrieben, der den sozialen Zusammenhalt fördert, wurde jahrelang zum Klassensprecher oder später Gesamtbetriebsratsvorsitzenden gewählt und in meinen Arbeitszeugnissen liege ich gerade bei Sozialkompetenz immer über 100%.

Diese Denkweise läuft ja automatisch ab und ist (normalerweise) keinesfalls eine Quälerei oder selbstzerstörerisch - ganz im Gegenteil. Das Hineinhören in seine Emotion und die Überlegung, was dazu geführt hat, ist eine interessante Sache und kann auch vor Fremdbestimmung schützen.

Wenn ich mir dann für bestimmte Situationen eine Vorgehensweise zurecht lege und damit auch erfolgreich bin, erzeugt das ein gutes Gefühl. Und wenn man am Abend ein positives Tagesfazit ziehen kann, schläft es sich auch viel besser.

Dienstag, 5. Februar 2019

Die lieben Kollegen (52) - Casting

Gestern war Showtime: Der erste und bisher einzige ernstzunehmende Kandidat für die Besetzung der offenen Stelle im Team war zum Schnuppertag hier. Nachdem mein Chef ihn kurz begrüsste, habe ich ihn dann knapp fünf Stunden lang mit unserer Arbeit vertraut gemacht.

Er ist genauso alt wie ich, machte einen ruhigen, abgeklärten, freundlichen Eindruck, wirkte recht interessiert, wenn auch nicht brennend neugierig. Im Grunde hätte ich nichts Negatives sagen können, bis auf die eine Feststellung von ihm, dass wir hier ja doch recht viele Eingangskanäle hätten. Ach so? Mail, Telefon und Tickets? Ist das nicht normal heutzutage?

Ich hab dem nicht so viel Bedeutung beigemessen und dieser Satz wurde mir erst hinterher bewusst, als er gegangen war und der Chef zum Debriefing zu uns kam. Er meinte, er wäre jetzt doch ziemlich desillusioniert, da der Kandidat bei weitem nicht so euphorisch und aufgeschlossen gewirkt habe wie im Vorstellungsgespräch. Ausserdem habe er zum Abschied verkündet, dass er in zehn Tagen noch ein anderes Bewerbungsgespräch habe und sich erst danach entscheiden wolle.

Mit diesem Satz hat er sich ziemlich ins Abseits geschossen. Sind wir dann der Notnagel? Gemäss der ausgegebenen Devise, dass wir unser Team nur erweitern, wenn alle zu 100 Prozent überzeugt sind, sieht es derzeit nicht so aus, als hätte ich gestern den dritten Mann im Team gesehen. Es sei denn, er meldet sich jetzt kurzfristig und ist total begeistert. Er wirkte aber wohl eher so, als sei ihm das alles hier zu gross und zu viel ...

Wie geht es nun weiter? Ende letzer Woche trafen wohl noch zwei interessante Bewerbungen ein, die jetzt vermutlich noch zum Gespräch eingeladen werden. Ausserdem gibt es noch eine interne Bewerbung. Mein Chef kennt die Frau bereits, und ich bin ihr auch einmal begegnet. Was mir davon in Erinnerung blieb, spricht nicht gerade für diesen Job hier. Sie ist zwar sehr nett und sympathisch, aber ihr fehlt das Fachwissen.

Wir haben uns jedoch entschieden, ihr eine Chance zu geben, und so wird sie nun morgen die selbe Einführung von mir bekommen wie der Kandidat gestern, nur mit etwas mehr Technikkram, um zu sehen, ob das für beide Seiten passen könnte.

Wer hätte das gedacht - wir sind eigentlich davon ausgegangen, dass die Stelle gar nicht mehr bewilligt werden würde. Nun haben wir das OK, finden aber keinen passenden Bewerber. Verrückte Welt.