Montag, 6. April 2020

Vom Nichtstun in die Ferien und zurück

Die Zeiten sind für vielen Menschen nicht leicht. Dazu zählen auch Lehrer und Elten. Die Lehrerschaft, die ihre Schüler irgendwie erreichen und unterrichten sollen, und die Eltern, die ihre Kindelein zu Hause betreuen müssen. 

Freuen dagegen dürften sich in vielen Fällen die Kinder selbst. Für mindestens sieben Wochen sind Rosalies "Kinder" daheim, im schlimmsten Fall könnten daraus sieben Monate werden, sollten die Schulen, wie schon befürchtet wird, bis zu den Sommerferien geschlossen bleiben. Ich hätte erwartet, dass die Schulen ein wenig engagierter dafür sorgen, dass die Kinder etwas zu tun haben. Das scheint allerdings nur an einigen Schulen zu funktionieren. Mein Kollege zum Beispiel erzählte, dass seine Kinder vormittags und auch nachmittags Präsenzphasen am PC haben mit Audio- und Videokonferenzen, gemeinsamem Lösen von Aufgaben in virtuellen Klassenzimmern usw. 

Bei Rosalies Kindern passiert hingegen so gut wie nichts. Sie bekommen von der Schule per Mail mal ein paar Aufgaben für daheim, aber das war es auch schon. Das heisst nun seit Wochen: Aufstehen gegen 12 Uhr und dann ohne Pause glühende Leitungen vom Zocken oder durch Youtube und Netflix, und das bis gegen 3 Uhr in der Nacht. Nur unterbrochen von kurzen Gängen in die Küche oder zum WC (und, wenn es sich gar nicht vermeiden lässt, dem lästigen Erledigen der Schulaufgaben mal eben zwischen zwei Youtube-Filmen). Von einem normalen Alltag kann also keine Rede sein, und ich frage mich, wie er das irgendwann wieder werden kann? Nun sind erst mal Frühlingsferien, allerdings merkt man gar nichts davon, denn am Tagesablauf hat sich nichts geändert.

Und leider hat auch das schöne Wetter darauf keinen Einfluss. Beide Teenies waren gestern an dem wunderschönen Frühlingstag nicht eine Minute an der Luft. Wie bekommt man heute Jugendliche noch nach draussen, wenn weder Schule noch Partys auf dem Plan stehen? Man kann sie ja schlecht aussperren, und mit 16 bzw. 18 Jahren hilft auch Reden nicht mehr viel weiter. Sie hätten e-Bikes haben können, auch um ein wenig unabhängig vom Mama-Taxi zu sein - zu anstrengend. Der Sohn hätte längst seine Fahrprüfung machen und das Auto der Grosseltern nutzen können - aber dann kann man ja nichts trinken! Für mich wäre so ein Angebot damals der Himmel auf Erden gewesen, heute ist das alles nichts.

Eigenartige Zeiten, nicht nur wegen Corona.


5 Kommentare:

  1. Ich könnte grinsen, wie du mit schöner Regelmäßigkeit dein Unverständnis über die heutige Jugend ausdrückst.
    Die Jugend ist wie sie ist und sie wird sich nicht ändern wenn sie nicht will, denn die Zeit in der sie leben wird andere Herausforderungen haben wie du sie einst hattest und so hat jede Zeit aus gutem Grund ihre eigene Generation.

    (Ich weiß nicht, liest Rosalie eigentlich dein Blog? wäre ich an ihrer Stelle würden mir als Mutter solche Bemerkungen von dir über meine Kinder einen "Stich" geben. Ich an ihrer Stelle würde mir einen Mann wünschen der mir Mut macht, dass die Kinder ganz sicher ihren Weg machen werden, sich so entwickeln wie es für sie richtig ist und es schnurzegal ist ob sie an einem Sonnentag draußen sind oder nicht. Vertraue dem Leben und seiner Ordnung).

    Ist wirklich nicht böse gemeint - sondern ganz im Gegenteil...
    Ich hoffe das kann sich transportieren.

    Alles Gute und liebe Grüße,
    G.

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    1. Aber natürlich reden wir auch darüber. :-) Sie findet es auch schade, dass die Kinder für so wenig zu begeistern sind, aber das stellt keinesfalls in Frage, ob oder was aus Ihnen werden wird. Darüber machen wir uns keine Sorgen, denn dumm sind sie beide nicht - ganz im Gegenteil.
      Es geht ja hier eben nicht nur um einen einzelnen Sonntag, sondern ein generelles Phänomen. Und mein Post ist auch gar nicht so sehr auf die beiden Kinder fixiert (sie dienen als hautnahes Beispiel), er spiegelt eher wider, was ich oft auch von anderen Eltern im Bekanntenkreis höre. Ich gewinne das Gefühl, dass bei aller Globalisierung die Welt irgendwie immer kleiner wird. Was haben wir früher als Kinder alles gemacht - Bücher gelesen, Musik gehört, jede freie Minute draussen verbracht zu Fuss oder mit dem Rad, die Welt bestaunt bei jeder Urlaubsfahrt. Heute scheint die Welt nur noch aus Spielen und Filmen und mindestens drei Bildschirmen auf dem Schreibtisch zu bestehen, von denen man sich berieseln lässt. Würde man die Kinder mal mitten während der Fahrt aus dem Auto werfen, würden sie vielleicht kaum wissen, wo sie sind, weil unterwegs nur das Handy-Display vor der Nase ist und kein Blick nach draussen geht. Dabei hätte das Leben so viel mehr zu bieten. Und das finden wir beide halt schade.
      Aber so ist das eben mit der Handy-Generation, die Welt wird davon nicht untergehen. :-)

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  2. Hallo Herr B.,

    ob meine folgenden Gedanken jetzt auf "Ihre" Kinder zutreffen, entzieht sich natürlich der Kenntnis eines Betrachters. Sie stellen oben ja korrekterweise fest, dass Sie den Ihren ursprünglichen Ausführungen zugrundeliegenden Beobachtungen an "Ihren" Kindern machen, dies aber für die gesamte Generation zu gelten scheint. Meines Erachtens kommt aufgrund der aktuellen Situation ein ganz eklatantes zusätzliches Problem auf alle Kinder zu: die (zumindest hier in D) momentane Nichtverfügbarkeit von Coiffeuren, Tätowier- und Piercing"studios". Wie kann man es nur aushalten, nicht alle paar Tage die Fläche bis 10 cm über den Ohren links und rechts nachrasieren und die verbleibenden Haare dazwischen nach dem Vorbild von Bart Simpson nachstylen, ganz zu schweigen davon, die entstandenen Freiflächen immer weiter zutätowieren und -piercen und die Ohrläppchen immer weiter aufschlitzen zu lassen, auf dass vielleicht diese Goldmünze, die in Berlin abhanden gekommen ist, reinpasst, sollte sie irgendwann wieder auftauchen, worauf die Kinder sicherlich mit Intensität hoffen.
    Freundschaftliche Grüsse ins Seenland - Joachim

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    1. Es gab und gibt sicherlich in jeder Generation Modeerscheinungen, die Eltern in den Wahnsinn trieben. Wenn die Jugend sich nun "anmalen" möchte - von mir aus. Was ich aber schlimm finde, sind verstümmelte Ohren durch riesige Tunnel. Wie man sich so etwas freiwillig antun kann, ist mir ein Rätsel.
      Mit Rosalies Sohn haben wir hinsichtlich der Frisur keine Probleme. Er ist viel zu bequem für den Friseur und lässt daher seine Haare seit Monaten einfach wachsen. Inzwischen hat er einen "hübschen" Pferdeschwanz. Angeblich stehen die jungen Frau bei ihm drauf, wenn er selbst aussieht wie ein Mädchen. Nun denn, mal schauen, wie lange das so bleibt.

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