Wir haben ja im und am Haus ein paar Kameras installiert, damit wir unser süssen Fellnasen beobachten können. Am Morgen schauen wir dann immer nach den Fotos, die bei Bewegung gemacht werden. Diesmal fiel mir auf, dass unser Chicane seit ein paar Stunden nicht mehr zu sehen war. Aber ja, das kam ja schon ab und zu mal vor ...
Gegen 10 Uhr war ich unten, um nach den Futternäpfen zu sehen und bemerkte eine Frau mit Hund vor dem Haus, die länger auf eine Stelle an einem grossen Topf schaute, während sie vorbei lief. Ich dachte noch kurz darüber nach, was sie wohl gesehen haben mochte, aber war dann in Gedanken schon wieder woanders.
Eine Stunde später wollte ich in den Keller gehen. Keine Ahnung, warum, aber auf dem Weg ging mein Blick in die andere Richtung, und da sah ich etwas Weisses am Strassenrand liegen. Eine Sekunde später wurde mir klar, was die Frau gesehen hatte. Ich rannte zu der Stelle und fand unseren Chicane am Blumentopf liegend. Ich schrie ihn an, aber er reagierte nicht - er war seit mindestens drei Stunden tot.
Unter Tränen lief ich zurück ins Haus, umarmte Rosalie und dann weiss ich nichts mehr.
Etwas später nahmen wir den armen Kater und legten ihn hinter dem Haus auf den Tisch. Da lag er nun - ich sah ihn an und dachte, er müsste doch jetzt aufspringen und fröhlich auf mich zu gelaufen kommen. Aber er würde nie wieder aufstehen. Er war von uns gegangen.
Die letzten Bilder von ihm gab es kurz nach 2 Uhr. Er muss also zwischen 2 und etwa 8 Uhr ums Leben gekommen sein. Wir nehmen an, dass er überfahren wurde und ihn jemand an den Strassenrand gelegt hat. Rosalie überlegte noch, ob wir die Todesursache vom Arzt untersuchen lassen sollten, um einen gewaltsamen Tod auszuschliessen. Aber was hätte das dem armen Kater gebracht, und was wäre die Konsequenz, wenn ihn jemand umgebracht haben sollte?
Ich musste also wieder Schaufel und Spaten herausholen und ein tiefes Loch graben. Pünktlich zur Beerdigung fing es dann auch noch an zu regnen. Es war wie im Film - vier Menschen weinten an seinem Grab und der Himmel weinte auch. Es war uns egal. Wir legten ihn vorsichtig in die Grube und schütteten ihn sanft zu ...
Der Sonntag war dahin, wir haben eine halbe Flasche Kräuterlikör geleert, aber die konnte den Schmerz nicht lindern. Chicane war so ein lieber, freundlicher Kater, hat nicht ein einziges Mal gebissen oder gekratzt, und er war der einzige Freund von Henry. Drei Jahre wurde er nur alt, es ist so ungerecht. Auf einer Strasse, in der gerade nachts und am Wochenende fast kein Auto fährt. Wie konnte das passieren?
Sein Verlust hat ein grosses Loch in unser Leben gerissen. Er war ja nur rund neun Monate bei uns, aber so lebenslustig und aufgeschlossen. Nun fehlt er uns so sehr.
Es ist halt die Kehrseite der Medaille, wenn man Tiere hat. Sie machen einem so viel Freude, aber ihr Verlust schmerzt ungemein.

