Das Scheidungsverfahren bei Rosalie zieht sich nun schon über mehrere Jahre hin. Das ist nicht nur emotional belastend, sondern und vor allem auch finanziell. Es heisst, dass so manche Frau sich nicht scheiden lässt, weil sie es sich nicht leisten kann, und auch der Anwalt erwähnte schon, dass am Schluss die Partei "gewinnen" würde, also ihre Forderungen durchsetzt, die das meiste Geld hat. Was dabei heraus kommt, kann man sich leicht vorstellen, denn oftmals verfügt der Mann durch seine Arbeit über Geld, Konten, Anlagen. Und man glaubt kaum, wie teuer so eine Scheidung ist ...
Das ist extrem unfair und lässt einen manchmal am Rechtsstaat zweifeln. Leider gilt das auch für andere Verfahren. Gestern erhielten wir Post vom Gericht. Momentan prozessieren wir gegen Bauunternehmer, die mit Spekulationsbauten das Dorfbild verschandeln und uns einen hässlichen Klotz vors Haus setzen wollen. In der Schweiz ist es so, dass die ersten Einsprachen noch kostenlos sind, geht es dann aber vor Gericht, weil man sich nicht einigen konnte, trennt sich die Spreu vom Weizen - denn nun wird Geld fällig. Das heisst, nur Bürger, die es sich leisten können, haben die Möglichkeit, städtebaulichen Wahnsinn zu verhindern. Für die Bauherren heisst das, erst mal alles abzustreiten und auszusitzen und zu hoffen, dass die Einsprechenden nicht genügend finanzielle Mittel haben, um den Prozess zu führen. Dann wäre der Fall schon erledigt.
Bei uns zum Beispiel fällt nun nicht bloss ein Gerichtskostenvorschuss an, sondern die Gegenseite fordert auch Entschädigungs-Sicherheiten für den Fall, dass sie gewinnt. Man muss - als Privatperson im Kampf gegen ein Bauunternehmen - enorme Summen hinterlegen, damit der Prozess überhaupt geführt wird.
Recht haben ist also das Eine, Recht bekommt aber nur der, der es sich auch leisten kann. Ansonsten muss man irgendwann aufgeben. Irgendwie scheint mir das nicht gerecht zu sein ...
Es mag sehr resigniert klingen, aber in welcher Zeit und an welchem Ort ist das denn jemals anders gewesen?
AntwortenLöschenGleiches Recht für Alle ist ja ein schönes Ziel, es gab, gibt und wird immer welche geben, die gleicher sind.
Geld und Besitz dokumentieren nun mal Macht, und wer teilt die schon?
Gerecht ist das ganz sicher nicht in Deinen Augen, in meinen auch nicht. Der Gegner wiederum sieht sein Recht, und empfindet ganz anders.
Unser Rechtsempfinden ist ja nun sehr von unserer Persönlichkeit und unserer Moral geprägt. Wir Leben hier in einem Gebiet und in einer Zeit, wo die Auswüchse der Macht schon sehr unter Kontrolle gebracht worden sind.
In einer idealen Welt, nun ja. Der Mensch ist nun mal ein Raubtier....
Seit ich mal als Zeugin in einem Gerichtsverfahren dabei sein durfmusste und das eigentlich eindeutig klare Urteil gänzlich anders (um nicht zu sagen "komplett arbiträr")ausfiel, misstraue ich meinem Vertrauen in den Schweizer Rechtstaat aufs Gröbste.
AntwortenLöschenAnsonsten kann ich sowohl dir als auch Sylana nur beipflichten. Leider.
LG
Nick
Oh ja, Geld regiert die Welt - das ist sicher so. Vielleicht bin ich da zu naiv, aber ich bin davon ausgegangen, dass diese Binsenwahrheit zumindest im "normalen Leben" nicht so zu spüren ist. Es geht hier um eine Scheidung, also einen Streit zwischen zwei einfachen Menschen. Wenn nicht einmal in so einem Fall die Gerechtigkeit zum Zuge kommt, was sind dann Recht und Gesetz noch wert?
AntwortenLöschenHm, ich glaub das offizielle Recht und Gesetz sind schon was wert. Das Problem sind die Auslegungen und Verdrehungen. Ein einfacher Streit....na ja, einer fühlt sich doch immer irgendwie benachteiligt, und in heutiger Zeit haben die meisten Leute auch verlernt eine Niederlage hinzunehmen. Da sucht man dann schon gern einen Schuldigen. Nun grad bei einer Scheidung erlebt ihr ja grad auch, wie das geltende Recht verdreht, verbeult verknotet wird. Denn grundsätzlich ist das Scheidungsrecht ja ziemlich fair, von wegen Zugewinn etc. - ist das in der Schweiz ähnlich wie in Deutschland?
LöschenIch bewundere ja Deine Frau für ihr Durchhaltevermögen! Deren Ex ist ja eigentlich ein armes Würstchen, wenn das alles mal geklärt ist, steht der ohne Sinn und Zweck im Leben da.
Ich habe im Freundes- und Bekanntenkreis schon etliche Trennungen erlebt, und da war alles dabei. Vom nachaußentragen, einspannen von anderen Personen, der Kampf ums Geld....es gab aber durchaus auch Fälle, wo sich die Beteiligten einig waren, das nur sie nicht mehr zusammenpassen. Das sie aber trotzdem weiter Eltern sind, und damit egal, was passiert, weiter eine Ebene haben müssen, auf der sie Zusammenarbeiten. Viele Paare arbeiten dann gegeneinander. Und dabei gibt's dann nur Verlierer.
Es ist doch so: Nicht das Recht, das geschrieben steht, ist das Problem, sondern das was die Menschen draus machen.
Leider ist das Recht halt an vielen Stellen nicht objektiv messbar. Was ist Verschwendung? Wie sieht ein Haus aus, dass sich harmonisch ins Ortsbild einpasst?
LöschenIch finde es nur halt betrüblich, dass manchmal allein Geld entscheidet, ob man sein Recht auch bekommt. Das Scheidungsrecht ist in der Schweiz ähnlich wie in Deutschland. Allerdings sind die Kosten ungleich höher. Und da es oft so ist, dass der Mann auf dem Vermögen sitzt, fällt es der Frau deutlich schwerer, ihr Recht durchzusetzen. Denn dafür braucht man einen Anwalt - nur den kann frau sich oft nicht leisten, weil der Mann das gemeinsame Geld verwaltet. Also muss sie irgendwann nachgeben, wenn sie ihren Anwalt nicht mehr bezahlen kann. Der Ex von Rosalie wäre durchaus kein armes Würstchen, hätte er nach der Trennung nicht das Geld zum Fenster raus geschmissen, die Steuer betrogen, das gemeinsame Vermögen mit der neuen Partnerin durchgebracht und eine faire Vereinbarung abgelehnt. Dass Rosalie das nicht ohne Gegenwehr hinnimmt und für ihr Recht kämpft, ist gut nachvollziehbar. Du hast Recht - am Ende verlieren dann wohl alle, bis auf die Anwälte ...
Ich meinte das Würstchen jetzt nicht auf die Finanzen, sondern mehr auf Moral und Anstand bezogen....
LöschenDen Kampf kann ich auch sehr gut verstehen. Und stimmt, die Anwälte kommen dann keine Nacht mehr in den Schlaf. Vor Lachen.
Bei einem Stundensatz von über 300 Franken ist das wohl anzunehmen ... Manchmal frage ich mich, ob manche Anwälte eigentlich noch in den Spiegel schauen können. Rosalie hat quasi schon einen "stattlichen Neuwagen" gezahlt, ohne zu wissen, ob sie ihn auch bekommen wird ...
Löschen