Ich hatte es schon eine Weile befürchtet, nun ist es Gewissheit: Mein Vater hat sich mit seinen 78 Jahren tatsächlich noch einmal einen Neuwagen gekauft.
Ich hab nicht mitgezählt, wie viele Autos er in den letzten 30 Jahren schon erworben hat. Aber meine Hoffnung war, dass er seinen jetzigen Wagen noch so lange fährt, bis es aus gesundheitlichen Gründen sowieso nicht mehr möglich ist. Sein aktueller VW ist zwar acht Jahre alt, hat aber lediglich 23000 km auf der Uhr und ist tiptop in Form.
Ja, mein Papa ist ein leidenschaftlicher Autofahrer, und ja, es ist gut und schön, wenn er dadurch noch mobil ist. Aber musste es jetzt wieder ein teurer Neuwagen sein, noch dazu mit einem Haufen Schnickschnack, mit dem er sowieso nicht klar kommen wird? PC und Handy kann er auch nur bedienen, wenn ich ihm alles ein paar Mal erklärt habe. Und so ein neues Auto ist heutzutage nicht viel anders ...
Wenn man meinen Vater im Schneckentempo mit Rollator zum Auto laufen sieht, kann man sich ohnehin kaum vorstellen, wie das mit dem Fahren funktionieren soll; ich gehe aber davon aus, dass das noch besser klappt als das Laufen. Neulich hat er sich aber schon einen Reifen platt gefahren, weil er gegen einen Bordstein gefahren ist, und am Radkasten sind Schrammen, die er sich nicht erklären kann.
Es ist ja schön, wenn sie einmal pro Woche ihren Einkauf erledigen können oder einmal im Jahr an die Ostsee fahren. Dazu kommt im Sommer vielleicht noch einmal im Monat ein Ausflug in ein Lokal vor der Stadtgrenze. Das war es dann aber auch. Bei dem Abschreiber, den man bei einem neuen Auto hat, sobald man den Hof verlässt, muss man sich wirklich fragen, ob es das wert ist.
Ich gehe davon aus, dass ihn der Kauf nicht arm macht, aber verstehen tue ich es trotzdem nicht. Und was mir noch mehr Sorgen macht: Verpasst er am Ende den Zeitpunkt, an dem er lieber nicht mehr fahren sollte? Und was, wenn er andere Verkehrsteilnehmer gefährdet? Wie bringt man ihm diesen durchaus grossen Einschnitt in die eigene Mobilität bei? Durch seine Schwerbeschädigung hat er Anspruch auf kostenlose Fahrdienste, die ihn zu Arztterminen oder auch privaten Besuchen bringen. Es liesse sich dann also Einiges kompensieren und organisieren. Aber natürlich ist das etwas Anderes, als wenn das eigene Auto vor der Tür steht. Das ist mir alles klar, und doch muss es irgenwann sein. Mit dem wieder neuen Auto jetzt wird dieser Moment wohl in weite Ferne rücken, sofern nicht andere "Ereignisse", die ich mir lieber nicht vorstellen möchte, dazwischen kommen.
Der Zeitpunkt ist doch schon längst gekommen, da es "unerklärbare Schrammen" am Fahrzeug gibt. Klar ist die Aufgabe der einfachen eigenen Mobilität im Alter schwierig und die eigene Sicht des Fahrkönnens immer "passt doch noch alles", doch das nützt am Ende des Tages nichts, wenn ein Unfall mit Personenschaden passiert.
AntwortenLöschenDas sehe ich ganz genauso. Aber ich kann meinem Vater natürlich das Fahren nicht offiziell verbieten, nur meine Bedenken anmelden. Und die möchte er sicher nicht hören. Ausserdem tue ich mich schwer damit, ihm dieses letzte Hobby nehmen zu wollen, und damit ein grosses Stück Unabhängigkeit.
LöschenSchwieriges Thema. Und wie wird man wohl selbst damit umgehen, wenn man in dem Alter ist ...?
Uff. Schwieriges Thema, vermintes Terrain. Da würde ich mir auch Sorgen machen. Aber Lösung hab' ich keine..... Und auch ich frage mich, ob ich den richtigen Zeitpunkt zum Aufhören erkennen werde (hab' aber hoffentlich noch einige mobile Jährchen vor mir.....)
AntwortenLöschencaterina
Irgendwie habe ich absolutes Verständnis, zumindest für die Situation. Allerdings bin ich mir sicher, dass ich mir keinen Neuwagen gekauft hätte unter den gegebenen Umständen.
LöschenWenn man für jeden noch so kurzen/einfachen Weg auf Hilfe angewiesen ist, beeinträchtigt das den Alltag schon recht massiv. Aber die Gefahren sind auch nicht zu unterschätzen, und wie viele Unfälle gab es schon, die ganz offenbar dem Alter des Fahrers geschuldet waren?
Du schreibst ganz richtig: Vermintes Terrain ...
Oh, dieses Thema kenne ich auch. Meine Mutter hatte auch immer tolle Argumente gefunden, um weiterhin zu fahren: Jetzt habe ich die Fahrtauglichkeitsprüfung erst wieder bestanden, das Auto (ein 35jähriger Volvo mit ca. 300'000 km hat die Vorführung wieder geschafft; habe gerade neue Winterpneus gekauft, usw. Dann ging's wegen ihrer Augen nicht mehr, der Star - aber auch das wurde ausgestanden. Und kaum hatte sie ihre Fahrerlaubnis wieder, machte sie Bekanntschaft mit einem nigel-nagel-neuen Zaun... Das hat sie so erschreckt, dass sie sofort ihren Fahrausweis zurückgegeben hat (laut ihrer Aussage: "Bevor sie es sich anders überlegen würde!").
AntwortenLöschenNun ist sie auto- und Führerschein-los und ziemlich beschäftigt, ihren neuen Alltag zu organisieren. Meine Mom ist 87 und ja, wir sind alle sehr froh, dass das Thema endlich erledigt ist und vor allem, dass es so glimpflich abgelaufen ist...
Meine Befürchtung ist auch, dass es erst einen Zwischenfall geben muss, bevor ein Umdenken erfolgt. Und eine regelmässige Kontrolle gibt es meines Wissens in Deutschland hinsichtlich Fahrtauglichkeit im Alter nicht. Jedenfalls hoffe ich, dass es bei meinem Papa nicht bis zum 87sten dauert, bevor er mit den Fahren aufhört.
LöschenSchwierig, schwierig. Ich muss allerdings sagen, das ich 78 J. jetzt noch nicht als zu alt einstufe. Hier bei uns fahren die alle noch selber. Schätzelchens Tante ist 82, fit im Kopf und fährt jetzt nicht mehr bei Dunkelheit, weil sie merkt, das das Sehen anstrengender ist. Auch in die Stadt fährt sie nicht mehr, sondern bis zu ihrer Freundin am Stadtrand und dann mit dem Bus. Sie ist da ganz verantwortungsbewußt.
AntwortenLöschenDie Frage ist, wie einsichtig schätzt du deinen Vater ein.
Bist du mal mit ihm mitgefahren, um dir ein Bild zu machen?
Vermutlich könnte sich dein Vater auch das Taxi leisten, aber die Fahrdienste, die man in Anspruch nehmen kann, sind oftmals sehr eingeschränkt, weil es gar nicht viele gibt.
Meiner Freundin stehen zum Beispiel zweimal im Monat ein Fahrdienst zu, der pro Fahrt nur 2 Euro kostet. Aber der Fahrdienst entscheidet dann, ob das genug "Teilhabe am Leben" ist. Soll heißen eine kulturelle Veranstaltung zum Beispiel. Ein Einkaufsbummel zählt nicht dazu, worüber wir uns mega aufgeregt haben. Da muß sie 22,- Euro für ein Rollstuhltaxi zahlen. Bei 80 Euro Taschengeld im Monat ist das ganz schön happig.
Was das neue Auto betrifft... seine Sache. Darüber würde ich kein Wort verlieren. Man meint immer, man habe das Recht alte Menschen für alles, was sie anders machen als wir Jüngeren, zu kritisieren. Aus Fürsorge. Aber da liegt man falsch. Erst wenn man feststellt, das sie krankheitsbedingt Ausfälle haben, muß man etwas tun. Und dann auch sehr einfühlsam.
Alles nicht so einfach. Grüßli :-)
Mein Vater darf wohl 10x im Monat so einen Dienst für diese zwei Euro in Anspruch nehmen. Allerdings eben nicht spontan - man muss Tage oder Wochen im Voraus buchen. Nix mit Flexibilität. Taxis sind auf Dauer teuer (wobei eine Gegenrechnung zum eigenen Auto ganz sicher immer noch positiv ausfallen würde).
LöschenIch kann nicht einschätzen, wie gut er noch fährt, nur durch die Erzählungen mit Reifenschaden und Kratzern mag man erahnen, wie das abläuft. Zusammen fahren wir eigentlich nie, insofern fehlt mir auch da ein Vergleich. Er merkt schon, dass er in der Stadt nicht mehr fahren möchte, weil er sich nicht auskennt und ihm das zu stressig ist. Aber auch Fahrten ins Umland über die Autobahn oder auch nur zum Einkaufen können schon schwierig werden in einer brenzligen Situation.
Ich finde ein neues Auto, dass ganz sicher die 10000 km nicht mehr erleben wird in seiner Gegenwart, wirklich schade ums Geld. Aber natürlich ist es seine Sache, er ist ja mündig, und seine Frau auch. Ich hoffe nur, er ist nicht überfordert mit der Technik, besonders dann, wenn es mal darauf ankommen sollte.