Dienstag, 19. September 2017

Der Tod ist gegenwärtig

Es gibt sicherlich kaum einen Ort, an dem man mit dem Thema Tod mehr konfrontiert wird als in einem Krankenhaus. Trotzdem war es, seit ich hier arbeite, nur ganz selten in meinem Kopf. Hin und wieder sah man ein paar weinende Menschen vor der Intensivstation, aber selbst da war nicht ersichtlich, wie ernst die Situation wirklich war.

Doch gestern fuhr der Tod quasi direkt vor mir. Als ich über die Station lief, schoben zwei Pfleger direkt vor mir ein Bett über den Flur, auf dem ein weisses Laken lag. Darunter zeichneten sich undeutliche Konturen ab. Noch ehe ich den Gedanken zu Ende denken konnte, ob denn .... bogen sie auch schon zum Raum der Stille ab. Dann war mir klar, was ich gerade gesehen hatte.

Das Ganze erzeugte ein gewisses Unbehagen, obwohl ich weder direkt den Leichnam noch Angehörige gesehen hatte. Und ich stellte mir die Frage, warum in unserer Kultur der Tod so negativ besetzt ist. Warum wird mir schon mulmig, wenn ich nur vermute, dass vor mir ein Leichnam auf dem Bett liegt? Warum wurde mir flau im Magen, als ich vor Jahren mal eine tote Person in ihrer Wohnung fand? Und warum fürchten wir uns selbst vor dem Tod? Und ändert sich das, wenn man ein erfülltes Leben hinter sich hat?

Als Kind kann man sich überhaupt nicht vorstellen, dass die Eltern eines Tages nicht mehr da sein könnten. Ist man gerade erwachsen geworden, schiebt man das Thema des eigenen Todes weit weg, denn man hat ja noch das ganze Leben vor sich.

Doch mit der Zeit macht man sich dann doch mal Gedanken über das Leben. Was war richtig, was falsch? Was möchte man noch erleben? Wie viel Zeit bleibt dafür? In den Todesanzeigen der Zeitung kommen die "Einschläge" näher, es ist nur eine Frage der Zeit, bis aus meiner Schulklasse die erste traurige Nachricht ankommt. Nicht zu vergessen meine Eltern, beide Ende 70.

Nun denn - ich kann froh sein, dass ich, zumindest dem Anschein nach, kerngesund bin und das Leben geniessen kann. Und es bleibt zu hoffen, dass einem, wenn es soweit ist, ein langes Leiden erspart bleiben wird. Und falls es sich nicht vermeiden lässt, sollte zumindest alles geregelt sein. Darüber haben Rosalie und ich gestern gerade gesprochen. Wir müssen uns unbedingt mit gegenseitigen Vollmachten ausstatten, sonst entscheidet statt des Partners eine Behörde, wenn man nicht mehr selbst dazu in der Lage ist ...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen