Am letzten Freitag habe ich den roten Tiger zum wiederholten Mal in der Nähe eines Hauses in der Nachbarschaft gesehen. Als er mein Auto ankommen sah, rannte er mir dann allerdings direkt hinterher. Trotzdem hatten wir schon länger das Gefühl, unser Victor könnte vielleicht ...
Da am kommenden Freitag der Termin beim Tierarzt sein sollte, wurde es höchste Zeit, mal dort nachzufragen. Und die Dame des Hauses erkannte ihn sofort: Bernie, 12 Jahre alt, ist einer von fünf Tieren im Hause. Da alle jederzeit rein und raus können, fällt es nicht auf, wenn einer mal eine Weile nicht da sei, meinte die Halterin.
Offenbar hatte Bernie davon die Nase voll, weshalb er nun, wie Ihr wisst, seit einigen Wochen jede Nacht bei uns verbringt, meist direkt zwischen unseren Kopfkissen. Vielleicht war er auf der Suche nach einer passenden Senioren-Residenz? Doch damit muss nun wohl Schluss sein.
Die Halterin möchte nicht, dass wir ihn füttern oder gar herein lassen (wir haben davon nichts erzählt, sondern nur erwähnt, dass er ständig im Garten ist und um Einlass bettelt). Wir sollen ihn eigentlich vom Grundstück verjagen. Also bleibt uns nichts weiter übrig, als ihn wieder zu entwöhnen. Dafür ist der Urlaub dann doch ganz gut, denn in dieser Zeit kann ihn niemand hinein lassen und er gewöhnt sich das Betteln vielleicht wieder ab.
Nun heisst es also langsam Abschied nehmen. Das wird gar nicht leicht. Wir sind natürlich ein bisschen traurig, denn er ist inzwischen sehr zutraulich und wird natürlich auch weiterhin in unserem Garten und vor der Tür sitzen. Der Einzige, der sich freuen wird, ist Henry, denn er hat bis heute ein Problem mit der Konkurrenz. Nun hat er das Haus bald wieder ganz für sich allein.
So ganz hartherzig können wir bisher auch noch nicht sein. Die letzte Nacht hat Bernie wieder auf unseren Kopfkissen verbracht. Mit seinen 12 Jahren ist er schon ein Schlauer. Es sieht so aus, als würde er am frühen Abend schnell mal zu Hause vorbei schauen, um sich dann "aus dem Haus zu schleichen", geradewegs zu unserem Haus zu laufen und dann "heimlich" an unser Fenster im Wohnzimmer zu klopfen, damit er bei uns übernachten kann. Das ist sooo süß. Er steht dann draussen auf dem Fensterbrett und kratzt an der Scheibe, bis wir ihn herein lassen. Sobald wir dann nach oben gehen, macht er es sich meist im Bett gemütlich. Die anfänglichen Unmutsbekundungen mit Beißen und Fauchen, wenn er offenbar genug hatte, sind inzwischen zarten Liebesbissen und wohligem Schnurren gewichen. Da niemand zu Schaden kommt und es der Besitzerin offenbar überhaupt nicht auffällt, ob und wann Bernie zu Hause ist, haben wir auch kein schlechtes Gewissen, wenn er weiterhin mal stundenweise bei uns bleibt - halt als Schlafgast, und nicht als Bewohner. Und hätten wir eine einfache Katzenklappe ohne Chipleser, könnten wir ohnehin nicht verhindern, dass er zu uns ins Haus kommt.
Wenn wir dann ab 11. Oktober weg sind und ihm keiner mehr öffnet, hört das vielleicht auch auf ...