Mittwoch, 5. Oktober 2016

Zehn Jahre

Am vergangenen Wochenende habe ich mit Rosalie über unser künftiges Zusammenleben gesprochen. Wir machen uns beide keine Sorgen, dass es da Probleme geben könnte. Aber in dem Zusammenhang ist mir aufgefallen, dass ich mittlerweile seit fast 10 Jahren allein wohne!

Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich Anfang 2007 meine Sachen packte und damals zunächst zu E. zog. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch nie eine eigene Wohnung, habe stets mit meinen Partnerinnen zusammen gelebt. Und so war ich einerseits gespannt, wie sich das anfühlen würde, allerdings mischte sich andererseits auch Skepsis darunter, ob ich das überhaupt würde meistern können, sowohl organisatorisch als auch emotional.

Als ich dann nach etwa drei Monaten den Wohnungsschlüssel in der Hand hielt und zum ersten Mal in MEINER Wohnung die Tür hinter mir schloss, fühlte es sich gut an! Niemand, der mir Vorschriften machte, niemand, mit dem ich mich herumärgern musste, niemand, mit dem ich mich absprechen musste. Da ich dann auch kein Auto mehr hatte, musste ich meine Gewohnheiten etwas umstellen. Aber das funktionierte alles - der Kühlschrank war nie leer, die Rechnungen pünktlich bezahlt und ich bin nicht im Dreck unter gegangen. Ich war mein eigener Herr und nur für mich selbst verantwortlich. Das war ein gutes Gefühl, und wäre die Wohnung etwas größer und in einem anderen sozialen Umfeld gewesen, hätte ich es noch viel länger dort ausgehalten.

So bin ich dann nach rund vier Jahren in eine etwas größere, schönere Wohnung gezogen. Sieht man vom Lärm ab, war das in gewissem Sinne ein Glücksgriff, denn die Nähe zum Flughafen sollte sich nach etwas mehr als einem Jahr dort als sehr vorteilhaft erweisen!

Nun sind insgesamt also fast zehn Jahre vergangen, und in gut drei Wochen wird mein Single-Haushalt Geschichte sein. Es war eine wertvolle Erfahrung, ich habe viel gelernt, hatte viel Zeit für mich zum Nachdenken, aber jetzt freue ich mich wieder darauf, mein Leben rund um die Uhr zu teilen. All das, was mich damals in meiner Ehe eingeschränkt und eingezwängt hat, wird mir mit Rosalie ganz sicher nicht passieren. Dafür sind wir uns in vielen Dingen zu ähnlich. Dass ich mich "nebenbei" auch an ein anderes Land und einen neuen Arbeitsplatz gewöhnen "muss", macht es nur noch spannender.

Was mir dabei in Zukunft so widerfahren wird, werde ich natürlich berichten.


Dienstag, 4. Oktober 2016

Frauenquote

Gestern Abend in der Lounge hat sich wieder bestätigt, was mir schon jedes Mal im Flugzeug auffällt: Ich sehe deutlich weniger Frauen als Männer, die (dienstlich) unterwegs sind. Ich hab mir mal den Spaß gemacht und nachgezählt in dem Bereich, in dem ich saß. Das Verhältnis war 19:6. Ich glaube nicht, dass das daran lag, dass Frauen nicht gern mal umsonst etwas essen oder ein Glas Wein trinken. :)

Ich möchte jetzt hier keine Diskussion über Frauen in Führungspositionen beginnen. Ich hab da mit beiden Geschlechtern gute und schlechte Erfahrungen gemacht. Und wenn ich mir einige der Herren ansehe, die da so mit ihrer Goldkarte entlang stolzieren, dann geht mir vor Dekadenz der Hut hoch. Da gibt es Leute, die sich den Teller randvoll kippen, um dann einen Bissen zu nehmen und den Rest stehen zu lassen, Männer, die sich drei Brötchen nehmen, den Belag runter "fressen" und die Brötchenhälften liegen lassen, Weingläser bis zum Rand füllen, gleich an der Theke in einem Zug leeren und sich gleich noch eins nehmen usw. Wenn ich so etwas sehe, frage ich mich wirklich, ob ich SO eine Person als Führungspersönlichkeit haben möchte. Das ist einfach nur abstoßend.

Lange ärgern muss ich mich darüber nun nicht mehr, noch ein einziges Mal werde ich im Rahmen der Pendelei in der Lounge in Zürich einkehren, dann hat auch das ein Ende!

Vorerst warten drei harte Tage, und dann freue ich mich auf Rosalie, die mich noch einmal hier besuchen wird.

Freitag, 30. September 2016

Der Tag der Einheit

Ist es tatsächlich schon bald 27 Jahre her, seit die Mauer zerbröselt ist? Dieses hässliche Betonteil, das zu meinem Leben gehörte wie die Luft zum Atmen? An der ich fast jeden Tag vorbei fuhr und es irgendwie als gegeben hinnahm, dass dieses Teil da stand und die andere Seite faktisch nicht erreichbar war? Die daran schuld war, dass meine Eltern sich trennten?

Zumindest kann ich sagen: Ich war dabei, und zwar hautnah, an diesem 9. November. Gehörte zufällig zu den Ersten, die die Grenze passierten, fand mich plötzlich auf der anderen Seite des Brandenburger Tores wieder und mitten im Freudentaumel. Hätte sich die Staatsmacht damals durchgesetzt, wäre ich in dieser Nacht nicht mehr zurück gekommen, denn mein Personalausweis war bei der "Ausreise" ungültig gestempelt worden - was ich natürlich zu dem Zeitpunkt nicht wusste und erst Jahre später in einer Reportage realisierte.

Hätte es diesen EINEN Versprecher auf der Pressekonferenz nicht gegeben, wer weiß, ob ich Rosalie jemals kennen gelernt hätte. Damals war die Schweiz für mich nicht mehr als der Name irgend eines nicht erreichbaren Landes, mit Mühe hätte ich sagen können, wo die Schweiz genau liegt (in der Schule lernte man natürlich nichts über den Feind). Jetzt, 27 Jahre später, werde ich bald dort leben und arbeiten.

Für mich ist dieser Tag der Einheit ein ganz besonderer Grund zum Feiern!

Donnerstag, 29. September 2016

Handwerk hat goldenen Boden?!

Es mag ja sein, dass dieser Spruch (noch) Gültigkeit hat. Aber dann sollte sich eine Firma auch so verhalten, dass sie mit ihrem Handwerk Geld verdienen kann. Leider erleben wir teilweise sehr merkwürdige Situationen. Ob es nun der Kaminbauer ist, der eine Wartung verspricht, mittendrin abbricht und sich nie wieder meldet, oder der Maler, der uns empfiehlt, die Decke doch lieber selbst zu streichen.

Hier in Berlin habe ich derzeit zwei Beispiele, bei denen ich mich frage, wie man bei solchen Gebaren überhaupt überleben kann.

Fall 1: Der Schornsteinfeger. Einmal im Jahr wird von der Hausverwaltung eine Firma beauftragt, um die vorgeschriebene CO²-Messung der Gastherme durchzuführen. Diese hängt dann rund eine Woche vor dem Termin eine Info im Haus auf und informiert über die genaue Uhrzeit. Diese liegt meist zwischen 10 und 12 Uhr, sehr praktisch für Berufstätige. Immerhin bieten sie auf dem Infoblatt ein super großzügiges Zeitfenster von täglich EINER Stunde an (zwischen 7 und 8 Uhr), in dem man sich telefonisch um einen Ersatztermin bemühen kann.

Vor ziemlich genau einem Jahr habe ich von dieser Möglichkeit Gebrauch machen wollen und mich dort gemeldet. Die Dame am Telefon fragte mich, an welchem Tag ich denn Zeit hätte. Auf meinen Hinweis, dass ich nie vor 16 Uhr zu Hause sei, entgegnete sie, dass der späteste Termin 15 Uhr sei, danach hätten die Kollegen Feierabend! Was, wie ... sind Sie nicht Dienstleister und auf Kunden angewiesen, denen sie ihre Dienstleistung anbieten können? Dachte ich, schluckte die Frage aber herunter und ließ mich zähneknirschend auf einen Termin um 15 Uhr ein.

Zum eigentlichen Termin lt. Aushang war ich also nicht daheim und fand postwendend einen Zettel an der Tür, dass man mich ja nicht angetroffen hätte und in zwei Tagen wieder gegen 10 Uhr vor Ort wäre. Den Zettel entsorgte ich, denn ich hatte ja meinen eigenen Termin.

Am vereinbarten Tag war ich gegen 14:45 Uhr zu Hause und wartete, und wartete ... Wer nicht kam, war der Schornsteinfeger. Nun hatte ich absolut keine Lust, dort noch einmal anzurufen. Auch die Firma meldete sich nicht. Also fiel die vorgeschriebene Messung im letzten Jahr einfach mal aus.

Neuer Versuch in diesem Jahr - das selbe Spiel, Anwesenheit zwischen 10 und 12 Uhr gewünscht. Wieder mein Anruf, wieder die selbe Antwort, wieder ein Termin um 15 Uhr, und wieder ... genau - wer nicht kam, war der Schornsteinfeger. Stattdessen hatte ich am Tag des offiziellen Termins, der zeitlich danach lag, einen Zettel im Briefkasten, man hätte mich zum vereinbarten Termin nicht angetroffen. Was für eine Unverschämtheit!

Diesmal habe ich mich erbost an meinen Vermieter gewandt mit der Bitte, er möge das doch mal selbst klären. Das tat er dann auch mit einem Anruf, und auf seine Frage, warum denn niemand da war, wich man nur aus. Letztlich einigte man sich, ich möge doch einen neuen Termin vereinbaren. Diesen Anruf schiebe ich gerade vor mir her, weil ich keine Lust mehr habe, mich wieder zu ärgern und zwei Stunden für diesen Mist zu opfern.

Fall 2: Messgeräte-Firma. In meiner Küche wurde ein neuer Heizkörper eingebaut. Daran angeschraubt sind elektronische Messgeräte, um den Verbrauch zu bestimmen. Diese Geräte sind geeicht und müssen exakt an der richtigen Stelle angebracht werden, damit die ermittelten Werte korrekt sind. Dafür muss deswegen extra jemand von der Hersteller-Firma vorbei kommen, der Heizungsmonteur darf die Geräte nicht wieder anbauen.

Ich informierte also den Vermieter über den Mangel, der informierte die Hausverwaltung, und die schrieb der Firma mit den Messgeräten. Danach passierte .... nichts. Es dauerte rund sechs Wochen, dann erhielt ich einen Brief mit einem Termin - zwischen 10 und 12 Uhr! Anscheinend gibt es bei Handwerkern nur diese Zeit zwischen Frühstück und Mittagspause. Wie dem auch sei, ich habe also angerufen, so wie es in dem Brief stand, um den Termin ändern zu lassen.

Drei Versuche brauchte es, bis ich nicht mehr nach zwei Minuten aus der Leitung geworfen wurde und einen Menschen am Telefon hatte. Der wiederum brauchte fünf Minuten, um den Auftrag zu finden, den er dann auch canceln konnte. Nun wollte ich mit ihm einen neuen Termin machen. Aber das wäre ja wohl viel zu einfach: Einen neuen Termin könne er nicht vereinbaren, ich würde wieder einen Brief bekommen mit einem neuen Vorschlag. Ich dachte, er macht einen Scherz, aber es war keiner. Soll das heißen, dieses Spiel von Brief, Absage, neuer Brief, Absage geht jetzt endlos weiter, bis ich ausgezogen bin? Ich weiß es noch nicht. Der Mann am Telefon wollte zumindest "versuchen", im gelöschten Auftrag zu vermerken, dass ich vor 15 Uhr keinesfalls anwesend sein könne. Ob dies aber berücksichtigt wird, wusste er nicht zu sagen.

Das ist jetzt zwei Wochen her, bisher habe ich nichts mehr von der Firma gehört.

Das mit der Service-Wüste in diesem Land ist leider Realität.

Mittwoch, 28. September 2016

Herkules-Aufgabe

Ein Task bleibt mir noch in der alten Firma, und der hat es in sich: Innerhalb von zehn Tagen muss ich knapp 150 Personen mit Schulungen bespaßen, teilweise einen halben Tag lang, einige in einem ganztägigen Seminar. Dies war Teil der Abmachung, damit ich Ende Oktober das Unternehmen verlassen kann.

Im Grunde ist das sicher machbar, die Herausforderung ist nur, dass ich zum Teil meinen eigenen Teamkollegen Begeisterung für ein neues Tool einflößen muss. Und wie der Mensch so tickt - er ist ein Gewohnheitstier. Mag die alte Software noch so schlecht gewesen sein und Grund genug, um ständig zu meckern, sobald die neue kommt, ist die natürlich der größte Mist. Dabei wird gern übersehen, wie viel Gehirnschmalz, Anpassungen und Verbesserungen vom Standard schon eingeflossen sind, ohne die das Programm deutlich schlechter gewesen wäre.

Doch dies zu transportieren, das Positive hervor zu heben und die Leute zu animieren, dem Ganzen doch erst mal eine Chance zu geben, das ist gerade im ÖD wahnsinnig schwer. Nun könnte ich alles schönreden und versprechen, was immer sie hören wollen, schließlich bin ich zur Einführung im Dezember nicht mehr dabei. Doch das wäre unfair und ich bin nicht der Verkäufer-Typ, der mit heißer Luft Geld verdient. Daher werde ich versuchen, in einen offenen Dialog einzusteigen und ihnen zeigen, dass sie gehört werden und wir versucht haben, das Beste aus dem Tool heraus zu holen, um es in jedem Fall besser zu machen, als es der Vorgänger war.

Ob mir das gelingt, weiß ich in zwei Wochen.