Donnerstag, 4. August 2016

Schweizer Mentalität (ein Post nur für Nicht-Schweizer)

Ich hatte in den letzten drei Jahren genügend Zeit und Gelegenheit, die liebenswerten Eigenheiten der Eidgenossen kennen zu lernen. Was ist mir so aufgefallen?

Besonders (oder nur?) als Berliner bemerkt man überall das geringere Tempo des Alltags. Mit Ausnahme vielleicht des Supermarktes im Hauptbahnhof hat man eigentlich stets das Gefühl, Ruhe, Gelassenheit und besonnenes Handeln sind feste Grundsätze, übertriebene Hektik und Eile findet man eher selten vor. Für mich war das zu Anfang schon eine Herausforderung. Ich erinnere mich an eine Situation an der Kasse eines Marktes, als Rosalie in aller Ruhe Kleingeld und dann auch noch eine Bonuskarte zusammen suchte. Das Ganze dauerte gefühlt eine kleine Ewigkeit. In Berlin hätten die wartenden Kunden schon mit Schnappatmung reagiert. Ich merkte, wie ich leicht panisch die Warteschlange betrachtete, aber niemand machte Anstalten, ungeduldig zu werden. Faszinierend! Genauso wie an der Ampel, wo keiner hupt, wenn man nicht schon bei Gelb losfährt. Das ist vielleicht hier in der Großstadt besonders ausgeprägt, aber es fällt mir dadurch sehr angenehm auf. Es wird auch nicht gedrängelt beim Ein- und Aussteigen im ÖV, alles wirkt irgendwie sehr entspannt!

Der Schweizer an sich ist sehr, sehr höflich. Er bedankt sich eher einmal zu viel als zu wenig, stellt Fragen lieber im Konjunktiv als direkt und erkundigt sich selbst in der S-Bahn mit: "Isch da no frey?", auch wenn ich im Viererabteil ganz offensichtlich allein sitze und niemanden erwarte. In einem Buch über Schweizer habe ich gelesen, dass diese Höflichkeit zwar überall vorhanden sei, es allerdings schwierig wäre, darüber hinaus persönliche Kontakte herzustellen. Der Schweizer sei da sehr zurückhaltend. Ob das stimmt, kann ich nicht beurteilen, da bisher immer Rosalie an meiner Seite war und mich in fremder Gesellschaft eingeführt hat.

Apropos Höflichkeit - merkt der Deutsch-Schweizer, dass sein Gegenüber keinen einheimischen Dialekt spricht, switcht er im Normalfall automatisch auf Hochdeutsch um. Das finde ich sehr angenehm, da die Verständigung sonst u. U. leiden könnte. Bei Rosalie und mir führt es dazu, dass sie auch mit mir noch immer nur selten Mundart spricht, auch wenn ich es inzwischen recht gut verstehe. Ich muss sie immer wieder daran erinnern.

Sobald man sich im Privaten etwas näher kennt, ist es zwischen Männern und Frauen üblich, dass man sich drei (!) Mal zumindest symbolisch auf die Wange küsst (links-rechts-links). Wann man damit beginnt, entscheidet sich spontan. In jedem Fall spricht man sich dabei am besten mit dem Vornamen an. Das gilt auch für das beliebte Zuprosten. Gar nicht so leicht, wenn man in eine größere Runde von Menschen kommt, die man alle eben erst kennen gelernt hat. Am besten hört man dann den Anderen gut zu und hängt sich ran. ;-)

Ich bin gespannt, ob mir auch im beruflichen Alltag Dinge auffallen werden, die anders sind als gewohnt. Da ich mich als "pflegeleicht" einschätze und mich zudem in einem neuen Umfeld, sowohl beruflich als auch privat, zu Beginn immer sehr zurückhalte und erst einmal beobachte, sollte ich kaum in mögliche Fettnäpfchen treten, hoffe ich. Die ersten Kontakte, sowohl persönlich als auch per Mail, waren schon mal sehr positiv, und ich bin optimistisch, dass ich mich gut ins Team integrieren werde. In gut einem Monat werde ich mehr wissen, wenn ich meinen künftigen Kollegen und Kolleginnen beim gemeinsamen Ausflug erstmalig begegne.

Mittwoch, 3. August 2016

Apothekerpreise

Ich erinnere mich noch gut an den ersten Abend mit Rosalie. Wir waren zu Gast in einer Pizzeria mit Selbstbedienung. Ich wartete am Tisch, mein Schatz holte unsere Bestellung ab. Auf dem Tablett lag auch der Bon für die Rechnung, und der Betrag belief sich für zwei Pizzen, Wasser und zwei Gläser Wein auf mehr als 60 Franken. Ich war wirklich geschockt! War das eine Anzahlung, um den ganzen Laden zu kaufen?

Inzwischen habe ich mich zum großen Teil an dieses Preisniveau gewöhnt. Immer seltener rechne ich um und vergleiche mit den Preisen in Deutschland. Es ist einfach ALLES teuer, für Deutsche um so mehr, seit der Franken noch stärker geworden ist. Und es relativiert sich das auf den ersten Blick ordentliche Gehalt sofort, wenn man Steuern, Versicherungen und die üblichen Lebenshaltungskosten dagegen rechnet. Wer einmal in einem Schweizer Supermarkt einkaufen war, wird feststellen, dass die Summe der Preise ganz schnell dreistellig wird. Der Inhalt des Wagens ist dabei noch sehr "übersichtlich". Und ein ordentliches Steak essen wir dann gern mal in Berlin und weniger in einem Schweizer Restaurant ...

Der Unterschied wird auch schnell sichtbar, wenn man mal eine Handwerkerrechnung in den Händen hat. Ein Stundenlohn von 90 Franken ist ganz normal, und bei einem fünfstündigen Einsatz sind ohne Material, Anfahrt usw. pro Handwerker damit also schon 450 Franken weg. Ganz zu schweigen von den Ansätzen, die Anwälte verlangen. Da tränt einem nicht nur EIN Auge! Mein Schatz macht diesbezüglich gerade sehr leidvolle Erfahrungen.

Doch wer das Eine will, muss natürlich das Andere mögen. Und insgesamt passt das Preisgefüge dann am Ende eben doch für Schweizer - sonst würden ja alle am Hungertuch nagen oder auswandern. Ich muss nur aufhören umzurechnen, so wie man das auch gern mit Euro und D-Mark tut. Es lohnt einfach nicht, sich darüber aufzuregen. ;-)

Dienstag, 2. August 2016

Unser Haus

Rosalie, einige Leser werden sich bestimmt an ihre Posts erinnern, war nie ein Freund von 0815-Wohnkultur. Der Charme lag und liegt im Besonderen. Das gilt sowohl für das Interieur als auch für das Haus selbst.

Vor rund zwei Jahren haben wir das besondere Haus gefunden - über 140 Jahre alt, mit unglaublich viel Platz und der idyllischen Terrasse mit dem tollen Ausblick. Ziemlich verrückt war das damals, aber wir hatten beide das Gefühl, es wäre die richtige Entscheidung.

Aus verschiedenen Gründen konnte mein Schatz damals noch nicht gleich einziehen. Während dieser ganzen Zeit seit dem Kauf zeigte sich das Haus dann von der weniger schönen Seite, überall kamen Mängel zum Vorschein, und auch sonst gab es mehr Ärger als Freude. Ja, es schien, als wollte sich das Haus wehren und uns wieder los werden. Bei Rosalie kamen immer öfter Zweifel auf, ob denn unsere Entscheidung richtig gewesen sei, und überhaupt - eigentlich wolle sie doch gar nicht weg dort, wo sie seit vielen Jahren zu Hause ist.

Nun, zwei Jahre und viele graue Haare später, haben wir den Schritt gewagt und sind eingezogen (und prompt hat es auch mit dem Job geklappt!). Die Sorge war immer noch da, dass das Fortgehen eine Lücke hinterlassen und die alte Heimat fehlen würde. Doch nichts von dem ist passiert! Schon vom ersten Tag an haben wir uns sehr wohl gefühlt. Rosalie meint, es fühle sich noch ein wenig wie Urlaub an, aber die bisherige Wohnung würde ihr gar nicht fehlen. Selbst das Haus scheint "zufrieden" zu sein und die Mängel treten ein wenig in den Hintergrund, auch wenn sie natürlich noch da sind.

Dieses Haus, von uns liebevoll "Schlössli" genannt, hat nicht nur viel Platz, sondern auch ganz viel Potenzial, und einige Ideen werden wir in den nächsten Jahren nach und nach in Angriff nehmen, wenn ich dann auch eingezogen bin. Nur einen kleinen Wunsch haben wir uns schon erfüllt: Eine Tischtennisplatte unter dem Dach, sodass wir uns jederzeit ein paar Bälle um die Ohren schmettern können.

Mehr Details zu unserem Projekt möchte ich hier erst einmal nicht erzählen, das überlasse ich meinem Schatz! Es wird dafür eigens eine neue Adresse geben, die verrate ich, sobald es dort etwas zu lesen gibt.

Montag, 1. August 2016

Happy Birthday

Geburtstag hat heute die Schweiz, sie wird stolze 725 Jahre alt! Für mich wird das erst im nächsten Jahr ein Feiertag sein, heute muss ich leider noch arbeiten, und Rosalie feiert allein zu Hause.

Ich habe schon einen Nationalfeiertag in der Schweiz miterleben dürfen und festgestellt, dass der Nationalstolz dort wesentlich stärker ausgeprägt zu sein scheint als hierzulande. So ist es ganz selbstverständlich, dass man zumindest ein paar Fähnchen in oder um das Haus platziert. In den Geschäften gibt es vor diesem Tag allerlei "Zeug" mit dem Schweizer Wappen zu kaufen, von Servietten über Tassen, Handtüchern, Feuerzeugen bis hin zu Bettwäsche. Hier in Deutschland habe ich etwas Derartiges nur vor EM und WM gesehen!

Außerdem ist es beliebt, sich an diesem Tag zu treffen, zu grillieren und abends Raketen in den Nachthimmel zu schießen, mehr noch als an Silvester. Davon abgesehen, dass dies in Deutschland verboten ist, habe ich hier stets den Eindruck, dass man froh ist, nicht arbeiten zu müssen, aber ob es nun der Tag der deutschen Einheit oder Pfingstmontag ist, das macht überhaupt keinen Unterschied.

Also, alles Gute, liebe Schweiz, und bleib, wie Du bist!

Freitag, 29. Juli 2016

Der Umzugsplan

Es sind noch knapp drei Monate bis zum eigentlichen Umzug, aber da es eine "Punktlandung" werden muss, sollte ich mir rechtzeitig Gedanken über den Ablauf machen. Die Herausforderung: Bis zur Übergabe muss die Wohnung (natürlich) leer, gereinigt und ggf. gemalert sein. Das ist in vielen Fällen kein Problem, zumindest dann, wenn die neue Wohnung in Reichweite liegt und man in der Übergangsphase pendeln kann.

In meinem Fall heißt das allerdings, dass ich noch im laufenden Alltag dafür sorgen muss, dass alle Möbel rechtzeitig, aber auch nicht zu früh verschenkt, verkauft oder entsorgt werden (denn ich nehme nichts davon mit), und dass möglichst auch schon Reinigung und Schönheitsreparaturen begonnen haben. Das wiederum bedeutet aber auch, dass mein Bett irgendwann nicht mehr da ist, ich brauche also irgendwo für ein paar Tage Asyl oder eine gute Luftmatratze. Und da wir meine persönlichen Dinge, die sich nicht schon vorher mit dem Koffer per Flugzeug in die Schweiz bringen lassen, mit Rosalies Auto transportieren wollen und sie dafür natürlich auch in Berlin sein wird, benötigen wir sogar zwei Schlafplätze. Die Idee dabei ist, dass ich an einem Mittwoch direkt nach meinem letzten Arbeitstag zu ihr fliege, wir dann am Donnerstagmorgen gemeinsam die 993 km nach Berlin fahren, dort den Rest erledigen, einpacken, putzen, und am Sonntag, direkt nach der Wohnungsübergabe, in unser gemeinsames Heim zurückkehren.

Klingt nach einem Plan, oder? :-) Schönes Wochenende, auch von Rosalie, die noch neben mir schläft!