Dienstag, 28. Februar 2017

Als Touri in der alten Heimat

Es ist soweit - ich starte heute meinen ersten Ausflug als Tourist in das Land, in dem die Frau mit der Raute regiert. Dank günstiger Tarife fliegen Rosalie und ich direkt von Bern nach Berlin und verbringen fünf Tage in der Stadt, die 50 Jahre lang mein Zuhause war.

Witziges Detail am Rande: Ich hab festgestellt, dass ich zuletzt ganz genau vor vier Monaten für einen Flug eingecheckt habe. Was ich sonst wöchentlich zwei Mal tun musste, gehört endlich nicht mehr zu meinem Alltag, und statt mit dem Flieger kann ich inzwischen mit dem Auto nach Hause.

Ich bin sehr gespannt, wie Berlin auf mich wirken wird in dieser neuen Situation. Betrachtet man die Details aus einem anderen Blickwinkel? Bemerkt man Missstände, die einem im Alltag aufgefallen sind, überhaupt noch? Sind mir Lärm und Stress noch genauso unangenehm wie früher? Könnte ich die Stadt am Ende doch wieder lieben? Berliner essen werden wir aber wohl nicht, auch wenn man das gern macht zum Karneval. Außerdem heißen die süßen Dinger in Berlin bekanntlich ja nicht Berliner, sondern Pfannkuchen, was im Rest der Welt ein Eierkuchen ist. Den gibt es in Berlin auch, nur ist es eben kein Pfannkuchen. :)

Schön und vertraut wird es sein, mal wieder Berliner Dialekt zu hören. Auch wenn es viele Deutsche in der Schweiz gibt - diese Mundart, die viele so gern haben, hört man hier doch sehr selten. Am meisten noch, wenn meine Liebste oder auch Kollegen meinen Lieblingssatz zitieren: "Wat isn dit?" Das klingt aus Schweizer Mündern einfach wundervoll!

Einige Tage bis zum Sonntag sind schon verplant, denn ich möchte natürlich Familie, ein paar Freunde und meine Kollegen wiedersehen. Für Rosalie wird das nicht immer spannend, aber Berlin bietet ja unendlich viele Möglichkeiten zum Shoppen, sodass es ihr sicherlich nicht langweilig wird, wenn ich sie mal für ein, zwei Stunden allein lasse. Aber die meisten Besuche werden wir gemeinsam machen und ausserdem auch ein Mal ins Theater gehen.

Ich freue mich auf unseren Urlaub und auf ein Wiedersehen mit Familie und Freunden. Einen Fotoapparat nehme ich nicht mit, auch wenn das zur klassischen Touristen-Ausstattung gehören würde. Die Stadt hatte ich so lange hautnah vor mir, dass ich ganz viele Bilder verinnerlicht habe. Vielleicht finde ich trotzdem mit dem Handy ein paar schöne Impressionen für den Blog, aber Berlin-Bilder sind doch eigentlich langweilig, weil sie jeder kennt, oder? :) 

Montag, 27. Februar 2017

Wer ist Herr B.?

Ich habe neulich, als ich mir überlegte, welche Domain denn zu mir passen würde und nicht vergeben ist, mal wieder den Selbsttest gewagt und die Suchmaschine mit dem G am Anfang nach Herrn B. befragt. Es gibt erstaunlich viele Einträge der verschiedensten Herren mit "selbem" Namen.

Während mein Blog bei dieser Suche jedoch kaum auffindbar ist, fiel mir einer dabei allerdings besonders auf, nämlich der Herr-b. Es ist eine deutsche Domain, hat aber nichts mit mir zu tun. Die Ähnlichkeiten sind zwar auffällig, aber dennoch Zufall. So ist auf diesem Blog zum Beispiel auch mal von Berlin die Rede, und dieser Herr B. ist ebenfalls und beinahe zeitglich in die Schweiz ausgewandert. Doch, wie gesagt - ich bin es nicht. Wir kennen uns nicht und sind weder verwandt noch verschwägert. Und um Verwechslungen zu vermeiden, schied der Kauf der Schweizer Domain mit dieser Schreibweise aus.

Daher habe ich mich dann für die Lautschrift entschieden, denn schon jetzt bin ich in den Ergebnissen gut zu finden, wenn man nach "herrbeh" sucht. Künftig kann man sich den langen URL von Blogspot sparen und braucht nur noch herrbeh.ch einzugeben. Es gibt zwar auch einen Instagram-Account mit diesem Namen, aber auf alles kann ich nun wirklich nicht Rücksicht nehmen. :)

Sonntag, 26. Februar 2017

Belastungsgrenze

Wenn man über Monate (oder sind es mittlerweile doch eher schon Jahre?) emotional und physisch an der Belastungsgrenze ist, beginnt man, sich irgendwann Sorgen zu machen über die eigene Gesundheit. Schlaflosigkeit, Nervosität, Mattigkeit sind Symptome, die man nicht ignorieren kann und sollte.

Doch wenn so viel auf dem Spiel steht, verdrängt man solche Indizien, versucht, stark zu bleiben und einfach weiter zu machen, so gut es geht. Und immer, wenn man denkt, es könnte nicht schlimmer werden, kommt noch ein neuer Schock, eine neue Demütigung, eine negative Nachricht hinzu.

Wie lange hält man das durch? Ist es am Ende nur ein Hauch, der das Fass zum Überlaufen bringt, ein scheinbar kleines Ereignis, dass den eigenen Körper veranlasst, ein deutliche Alarmsignal auszusenden? Und wie mag das aussehen, erkennen wir es rechtzeitig?

Rosalies Kinder wollten gern bis Sonntag bei uns bleiben, bevor sie mit ihrem Papa in die Berge fahren. Wir wussten schon vorher, dass ihm das nicht passt, weil er allein ist und daher gern schon mit den Kindern - ohne Absprache und obwohl es Rosalies Wochenende ist - am Freitag mit ihnen losfahren wollte.

Als die Kinder am Mittwoch wie üblich zum Papa wechselten, haben wir schon gewettet, ob sein übliches Gejammer und der Hundeblick die Kinder zum wiederholten Male dazu bringen würde, ihre Meinung zu ändern und dem armen Papa zuliebe auf die Mama zu verzichten. Wir haben diese Nummer zwischen den Kindern und ihm selbst schon einmal live per Video miterleben dürfen. Ein Theater, wie man es einem erwachsenen Mann kaum zutrauen würde.

Freitag am Morgen kam dann auch prompt die Nachricht, dass er die Kinder schon am Samstag abholen würde, und nicht erst Sonntag, wie eigentlich mal von den Kindern gewünscht war. Wieder einmal hat er sich gegen die Kinder und Rosalie durchgesetzt und deren Gutmütigkeit ausgenutzt.

Meine Liebste war sehr aufgewühlt und verärgert, was ich gut verstehen konnte. Sie wollte an dem Freitagvormittag ins Büro, um vor dem Urlaub noch etwas zu erledigen. Doch dann teilte sie mir am Mittag per Audio mit, dass sie sich schlecht fühle und nach Hause fahren würde.

Auf halbem Weg zwischen Büro und Zuhause schrieb sie mir erneut, dass sie nicht ganz sicher wäre, ob die Symptome nicht auch Anzeichen für einen leichten Infarkt sein könnten. Ich hab ihr daraufhin zugeredet, sofort ins Spital zu fahren und das abklären zu lassen.

Dann verging die Zeit ohne eine Nachricht. So langsam wurde ich im Büro unruhig. Es könnte einfach nur ein Migräne-Anfall oder eine psychosomatische Störung sein, was bei den starken Emotionen sicherlich nicht verwunderlich gewesen wäre. Es könnte aber eben auch ... Zum Glück wusste ich, dass sie in guten Händen ist, sollte Hilfe wirklich notwendig sein. Aber ich setzte mir eine Frist von zwei Stunden, dann wollte ich meine Arbeit abbrechen und nach dem Rechten sehen.

Genau nach zwei Stunden meldete sich Rosalie endlich. Es sei soweit alles in Ordnung. Mir fiel ein Stein vom Herzen.

Auch wenn der "Vorfall" nun offenbar wirklich "nur" psychosomatisch bedingt war - der Körper verlangt irgendwann seine Auszeit, und wir müssen aufpassen, dass wir rechtzeitig die Notbremse ziehen. Gesundheit ist durch nichts zu ersetzen und lässt sich nicht kaufen.

Freitag, 24. Februar 2017

Eine grüne "Rote Karte"

In den kommenden fünf Jahren werde ich nur ein einziges Mal an einer Wahl teilnehmen können. Rein formell bin und bleibe ich für mindestens zehn Jahre auch nach meinem Umzug in die Schweiz ein Deutscher. Doch da ich in Deutschland keinen Wohnsitz habe, darf ich lediglich an den Bundestagswahlen teilnehmen.

In der Schweiz dagegen darf ich natürlich als Ausländer auch nicht wählen (und hier gibt es bekanntlich viele Abstimmungen). Nach fünf Jahren erhalte ich - bei guter Führung - eine Niederlassungsbewilligung und kann dann zumindest auch über die Geschicke der Gemeinde mitbestimmen. Bis dahin gilt jedoch: Ohne Stimmrecht! Daher musste ich bei der Versammlung kürzlich immer dieses Schild hier im Bild in der Hand halten, womit ich von den Abstimmungen gut erkennbar ausgeschlossen war. Immerhin war es keine rote Karte. :)

Dafür ist ein weiteres Stück Schweiz in meinem Portmonee (wer sich jetzt die Augen reibt - nach neuer Rechtschreibung ist das so richtig geschrieben) angekommen: Nach wiederholter Anfrage hat meine Schweizer Bank mir endlich eine Kreditkarte zugebilligt. Das macht das Online-Einkaufen hier im Inland für mich etwas günstiger, da die Euro-Wechselgebühr mit der deutschen Karte entfällt.

Aber auch ohne Wahlrecht fühle ich mich hier zu Hause, Berlin und Deutschland habe ich gefühlt schon lange hinter mir gelassen.

Donnerstag, 23. Februar 2017

Ich kaufe mir ein Dorf

Die Gemeinde, in der ich mit Rosalie lebe, fusionierte vor einiger Zeit mit weiteren Dörfern zu einer Gross-Gemeinde. Die Gründe, warum die Einwohner (und Einwohnerinnen natürlich auch) dafür gestimmt haben, können wir nicht nachvollziehen, aber verhindern liess es sich leider nicht.

Offenbar liegt vielen Menschen im Ort nicht viel an der Geschichte des Dorfes und dem Erhalt von historisch Gewachsenem. Dies gilt wohl genauso auch für die Website der Gemeinde. Pünktlich zur Fusion wurde die Domain zurückgegeben. Damit verschwand das Dorf quasi auch von der Internet-Landkarte. Schliesslich sind wir offiziell im Sprachgebrauch nur noch ein "Sektor". Das wollte ich so jedoch nicht einfach akzeptieren und daher habe ich mich schlau gemacht, was denn aus der Adresse geworden ist. Ob Zufall oder nicht - als ich bei der Registrierungsstelle nachfragte, teilte man mir mit, dass die Domain nur drei Tage später wieder verfügbar sei!

In der betreffenden Nacht wurde ich nun auch noch zufällig um halb drei wach, nahm mein Notebook zur Hand und - registrierte die Domain für weniger als 11 Franken pro Jahr! Nun "besitze" ich also ein ganzes Dorf. :) Das Ganze ist eine rechtliche Grauzone, es gab auch schon Urteile, die die private Nutzung von Ortsnamen untersagt haben, weil deren Verwendung nicht zum erwarteten Inhalt passte. Aber ich warte nun erst einmal ab, ob jemand bei mir anfragt, und vorläufig findet man beim Aufruf der URL nur einen Hinweis auf eine neue Web-Präsenz. Wir werden uns in Ruhe überlegen, ob und welche Inhalte wir veröffentlichen wollen. Zumindest liegt uns etwas am Erhalt des Dorfkerns, und dafür wollen wir uns einsetzen. Vielleicht ist diese Site dann der richtige Ort dafür.

Und wenn nicht, ist es immerhin schön, dass kein Anderer mit dieser historischen Adresse Unfug treiben kann und wir eine schöne Erinnerung an alte Zeiten unser Eigen nennen können.